
Kronen Zeitung
EMOTIONALES INTERVIEW
„Schlimmste Situation“: Star-Schiri packt aus!
Englands Top-Schiedsrichter Anthony Taylor hat in einem Interview mit der BBC offen über die extreme Erwartungshaltung im Profifußball und die persönlichen Folgen von Beschimpfungen gesprochen. Seine Familie besucht seither keine Spiele mehr.
Taylor erinnerte sich dabei an das Europa-League-Finale 2023 zwischen dem FC Sevilla und der AS Rom (4:1 n.E.), nach dem er mit seiner Familie am Flughafen von Budapest von wütenden Fans beschimpft wurde.
„Das war die schlimmste Situation, die ich in Bezug auf Beschimpfungen erlebt habe“, sagte er. „Nicht nur, weil ich zu diesem Zeitpunkt mit meiner Familie unterwegs war, sondern auch, weil es deutlich macht, welche Auswirkungen das Verhalten von Menschen auf andere haben kann. Selbst in einem Spiel wie diesem, in dem es eigentlich keine größeren Fehler gab.“
„Große Quelle der Enttäuschung, Frustration und Wut“
Nach dem Spiel habe er das Gefühl gehabt, „dass versucht wurde, die Aufmerksamkeit auf jemanden zu lenken, dem man die Schuld geben kann“. Taylor ergänzte: „Für mich ist das eine große Quelle der Enttäuschung, Frustration und Wut.“ Der 46-Jährige zog eine klare Konsequenz aus dem Vorfall: „Das lässt einen darüber nachdenken, ob es überhaupt richtig war, mit seiner Familie zu reisen. Seitdem waren sie bei keinem Spiel mehr dabei.“
Attacke von Mourinho
Im Finale hatte Taylor 13 Gelbe Karten gezeigt und insgesamt 25 Minuten nachspielen lassen. Roms damaliger Trainer José Mourinho hatte ihn anschließend als „Schande“ bezeichnet und auf dem Parkplatz zur Rede gestellt. Dafür wurde der Portugiese für vier Spiele gesperrt. Auf die Frage, ob Mourinhos Verhalten die Fans beeinflusst habe, antwortete Taylor: „Ja. Ich denke, wenn wir ehrlich sind, ja.“
„Wenn man ständig zu hören bekommt…“
Taylor erklärte außerdem, wie sehr ständige Kritik an Schiedsrichtern belaste. „Wenn man ständig zu hören bekommt, dass man nicht gut genug ist, sei es von Medienvertretern, Experten oder sogar ehemaligen Schiedsrichtern, kann das die psychische Gesundheit beeinträchtigen“, sagte er.
„Die Anstrengungen, die Menschen nach dem Spiel unternehmen, um falsche Darstellungen zu verbreiten, böswillige Verschwörungstheorien zu verbreiten ... das schafft ein äußerst negatives Umfeld, in dem Menschen arbeiten müssen.“
„Es gibt keine Perfektion“
Taylor sprach auch über die Rolle des VAR: „In Wirklichkeit gibt es keine Perfektion. Wir erwarten von den Schiedsrichtern, dass sie jede Entscheidung richtig treffen. Es ist wirklich wichtig, dass wir anfangen, darüber zu sprechen, dass Menschen Angst vor Versagen oder Fehlern haben.“
„Es hat diese Erwartung der Perfektion mit sich gebracht, dass es absolut alle Probleme lösen und eine Utopie sein würde“, so Taylor weiter. „Die Leute müssen sich wirklich entscheiden, was sie wollen. Man kann nicht in der einen Woche sagen: ‘Wir wollen nicht eingreifen, weil es den Spielfluss ruiniert‘, und in der nächsten Woche dann sagen: ‘Es ist eine Schande, dass der VAR hier nicht eingegriffen hat‘.“
Trotz aller Belastung zweifelt Taylor nicht an seiner Berufung. „Man ist mitten im Geschehen der spannendsten Liga der Welt“, sagte er. Seit rund 15 Jahren pfeift der Engländer in der Premier League. Es sei „einer der besten Jobs der Welt“.
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